Alltag in der Grundschule

Denken wir uns Katrin.

Sie geht in München zur Schule, in eine Grundschule. Sie ist in der zweiten Klasse. Katrin ist sieben Jahre alt.

Wie jeden Morgen geht Katrin um halb acht von zuhause fort. Sie hat ihre neue Mütze auf. An der ersten Straßenecke wartet Max auf sie – wie jeden Morgen, nur heute mit einer Kapuze auf dem Kopf. An der zweiten Ecke warten Florian und Hanna. Sie drängeln sich unter einem Schirm, obwohl es gar nicht richtig regnet. Zehn Minuten vor acht hängen alle vier ihren Anorak in den Schrank vor dem Klassenzimmer, ziehen ihre Straßenschuhe aus und die Hausschuhe an. Die halbe Klasse ist schon da; man hört draußen im Gang, wie vierzehn Kinder schwatzen und lachen.

Frau Kramer, ihre Klassenlehrerin, ist auch schon da. Sie schreibt grade etwas an die Tafel. Als Katrin reinkommt, nickt sie ihr zu.

Katrin nimmt auf ihrem Platz das Heft mit der Hausaufgabe aus dem Ranzen, hängt den Ranzen an den Haken am Tisch, legt das Heft auf den Stapel auf Frau Kramers Tisch, setzt sich auf den großen Teppich vor der Tafel zu den anderen Kindern und schwatzt mit. Alle Kinder, die kommen, machen es genauso.

Als es um acht Uhr gongt, sitzen sechsundzwanzig Kinder im Kreis. Frau Kramer nimmt ihre Gitarre und setzt sich zu ihnen.

«Guten Morgen, ihr Lieben!» sagt Frau Kramer.

«Guten Morgen!» antwortet der Chor der Kinder.

Dann singen sie das Lied für die Sonne, weil die Sonne heute nicht scheinen will. Das Lied haben sie sich selber ausgedacht, früher einmal, im ersten Schuljahr. Mit einem Lied im Morgenkreis beginnt jeder Schultag. Katrins Klasse kann sehr viele verschiedene Lieder singen.

Nachdem Frau Kramer die Hausaufgaben angesehen und die meisten gelobt und über manche ein bisschen den Kopf geschüttelt hat, erzählt sie den Anfang eines Märchens: Prinzessin Annabella hat die bunte Perlenkette zerrissen, die ein Zauberer ihr geschenkt hat. Wie soll sie die hundert Perlen wieder auffädeln?

Frau Kramer hat sieben Schälchen bereitgestellt, jedes mit hundert bunten Perlen und einem langen Faden. Gruppenarbeit! Katrin tut sich mit Max, Florian und Hanna zusammen - wie meistens bei der Gruppenarbeit. Sie zählen und ordnen, beraten und zanken sich und fädeln eine schöne, eine sehr schöne Kette auf, eine Kette für eine Prinzessin.

Max legt sie Hanna um den Hals. Florian ist etwas eifersüchtig, aber er sagt: «Toll siehst du aus!»

«Ich finde unsere schöner als die Ketten von den anderen Gruppen!» sagt Max.

Sieben verschiedene Ketten liegen am Endeauf einem kleinen Tablett, auf dem Teppich und werden verglichen. Und dann wird aus jeder Kette eine lange Plusrechnung. Alle Kinder schreiben ins Rechenheft, es wird sehr still in der Klasse.

Nach dieser Pflichtarbeit entscheiden die Kinder selbst, was sie als Freiarbeit tun werden, Max will alle Ketten abzeichnen. Hanna möchte am liebsten das Märchen zu Ende lesen. Florian wird selbst ein Märchen schreiben, ein Märchen mit Rittern und Pferden. Katrin will noch eine achte Kette auffädeln. Das wird bestimmt die aller-schönste! Eine Gruppe plant gemeinsam ein großes Bild von der Prinzessin und dem Zauberer. Frau Kramer ist einverstanden, wenn alle bei der Arbeit nur leise sprechen. Sie möchte in Ruhe mit sechs Kindern Rechtschreiben üben: lauter Wörter mit ä wie in «Märchen».

Als der Gong um viertel nach zehn die Freiarbeit beendet, hat Katrin ihre Kette fertig aufgefädelt. Sie ist wunderschön geworden. Katrin darf sie in der Pause mit auf den Schulhof nehmen.

Die ganze Klasse spielt Fangen, aber Katrin spielt nicht mit. Wenn die Kette zerrisse, fände sie bestimmt nicht alle Perlen wieder.

In der Stunde nach der Pause teilt sich die Klasse: Manche Kinder gehen zu Frau Jäger zum evangelischen Religionsunterricht wie Max, manche zu Frau Semmelrogge zum katholischen Religionsunterricht wie Hanna und Florian. Und manche bleiben wie Katrin zum Ethik-Unterricht bei Frau Kramer. Kinder aus den anderen zweiten Klassen kommen überall dazu.

Katrin freut sich auf den Kuchen, den sie vorgestern im Ethik-Unterricht gerührt haben. Der Hausmeister hat versprochen, ihn zu backen. Heute soll der Kuchen geteilt und gegessen werden. Ganz gerecht wollen sie ihn teilen. Ob Franzi, die immer so hungrig ist, wohl ein besonders großes Stück bekommt? Oder wäre das nicht gerecht? Katrin würde der Franzi auch zwei Stück Kuchen gönnen.

In der letzten Stunde geht Katrin zum Turnen in die Halle. Frau Alzmann schimpft, weil Katrin ihren Turnanzug vergessen hat. Ohne Turnanzug darf man nicht mitturnen. Katrin weint. Florian tröstet sie, und Hanna redet so lange mit Frau Alzmann, bis sie Katrin doch mitturnen lässt. Aber dann ist sie wieder eklig streng: Aufstellen! Abzählen! Still sein! Nicht trödeln! Hopp hopp! Höher! Weiter! Schneller!

«Hätte ich bloß nicht geweint!» denkt Katrin. «Dann müsste ich nicht mitmachen.»

Mittags auf dem Heimweg ist Katrin müde und missmutig. Aber dann erzählt Florian Witze über dumme Lehrer, und Katrin lacht sich wieder fröhlich. Sie treffen sogar noch die Katze, die manchmal mittags auf der Straße ist, und streicheln sie ein Weilchen.

Bevor sie sich an der letzten Ecke trennen, gibt Katrin Max ganz schnell einen Kuss. Dann rennt sie heim.

«Bis morgen, Annabella!» schreit er hinter ihr her. Aber sie schaut sich nicht mehr nach ihm um.

Zu Hause macht Mama die Türe auf, als Katrin klingelt.

«Na, wie war's in der Schule?» fragt sie wie jeden Tag.

«Wie immer!» sagt Katrin. «Was gibts zu essen?»

In Wirklichkeit ist jeder neue Schultag anders als alle vorher.

Und es gibt kein zweites Klassenzimmer wie das von Katrin.

Und keine andere Lehrerin wie Frau Kramer.

Und erst die Kinder in der Grundschule - wie verschieden!

Manche rennen, manche trödeln morgens zur Schule.

Manche werden hingefahren.

Manche Kinder kennen keinen Morgenkreis.

Viele dürfen sich nie ihre Aufgabe selbst auswählen.

Einige haben einen Lehrer und nicht lauter Lehrerinnen wie Katrin.

Vielzuviele müssen immerzu nach vorn zur Tafel schauen.

Und die allermeisten Kinder rühren niemals einen Kuchen in der Schule.

Aber alle möchten, dass es in der Schule gerecht zugeht.

Und wenn sie heimkommen und man sie fragt: «Na, wie war's in der Schule?» dann sagen sehr, sehr viele Kinder nur schnell: «Wie immer!»

Wenn die Schule aus ist, wollen sie nur noch spielen.

Wörter und Wendungen zum Text

Wie jeden Morgen (Tag, Abend) Каждое утро (день, вечер)
Von zuhause fortgehen Выходить из дома
Die halbe (ganze) Gruppe Половина группы (целая, вся группа)
Etwas an die Tafel schreiben Писать что-то на доске
Aus dem Ranzen (aus der Mappe, Tasche) etwas nehmen Доставать что-то из ранца, портфеля, сумки
An die Tafel gehen Идти к доске
Vor der Tafel (stehen) (Cтоять) перед доской
Die Gruppenarbeit Работа в группах
Die Paarenarbeit Работа в парах
Sich zusammentun mit (D.) Объединиться с (кем-то)
Es wird in der Klasse (im (Übungsraum) still В классе (аудитории) становится тихо
Die Pflichtarbeit Обязательная работа
Die fakultative (zusätzliche) Arbeit Факультативная работа
Die Pause, in der Pause, nach der Pause Перемена, во время перемены, после перемены
Zum Unterricht gehen Идти на занятие
Die Stunde, die Doppelstunde Урок, пара
Bis Morgem До завтра
Zu Hause Дома
Nach Hause Домой
Zum Turnen gehen Идти на физкультуру
Die Halle, die Sporthalle Зал, спортивный зал
Der Turnanzug Спортивный костюм
Ohne Turnanzug darf man nicht mitturnen Без спортивного костюма нельзя заниматься (на занятии)
Den Turnanzug vergessen (haben) Забыть спортивный костюм
Aufstellen! Построиться!
Still sein! Тихо!
Hopp hopp! Давай-давай!
Höher, weiter, schneller! Выше, дальше, быстрее!
Abzählen! Рассчитаться!

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